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Daniela Kloock im Gespräch mit Philip Weiss

Daniela Kloock: Herr Weiss, zwischen Film und Computerspielen scheint es viele Überschneidungen zu geben, beide stellen audiovisuelles story-telling her und nutzen computergenerierte Bilder zur Schaffung ihrer Welten. Ist der Computer die stärkere Kamera?

Das halte ich für absoluten Quatsch!

Das ist ein Zitat von Richard Tayler, der an vielen Filmen von Peter Jackson beteiligt war, u.a. „Herr der Ringe", „King Kong" und auch James Camerons „Avatar."

Der Computer ist keine Kamera, sondern eine Art Universum. Mit dem Computer sind wir Herr aller Dinge, wir sind Herr des Himmels, der Gezeiten, der physikalischen Gesetze. Das sind wir mit einer normalen Kamera eben nicht. Es sei denn wir benutzen den Computer um das, was wir mit der Kamera aufgenommen haben, weiter zu bearbeiten.

Wie verändert die Computertechnologie die Ästhetik des Films?

Denken wir etwa an einen Film wie „Sin City" (USA 2005), wo die Schauspieler ausschließlich vor einer blauen bzw. grünen Wand agieren. Hier wurden alle Sets am Computer erstellt. Man konnte den Comicstyle endlich richtig gut rüberbringen. Nicht so wie es in den 80er Jahren etwa bei „Batman" versucht wurde. Das hat eine komplett neue Ästhetik möglich gemacht.
Dann haben wir den riesigen Bereich der Visuals Effects: Filme mit einen großen Sturm, einer gewaltigen Welle, Millionen von Robotern oder Außeridischen. Beim „Herr der Ringe" gab es zum Beispiel diese ganzen Soldaten und Monster, das wurde alles mit dem Computer gemacht. Und dann gibt es die andere Zunft, Firmen wie „Pixar" oder „Dream Works", mit wunderschönen animierten Filmen, die vollständig am Computer gemacht sind.

Und Sie machen jetzt noch mal etwas ganz anderes, Sie produzieren Filme für Computerspiele.

Wir machen am Computer Filmsequenzen für Computerspiele, sogenannte „cutscenes".

Sie implentieren Filme, um Spiele attraktiver zu machen?

Genau. Das Medium Spiel ist ja interaktiv. D.h. aber man muß erstmal verstehen, was man tun muss. Es müssen Ziele vorgegeben werden und dazu benutzt man gemeinhin das Stilmittel der „cutscene". Das sind Filme, die innerhalb des Spiels ablaufen und nicht interaktiv sind. Sie etablieren eine Stimmung, ein Universum. Hier werden auch die Charaktere entwickelt. Und das kann man mit den klassischen Mitteln des Films sehr gut.

So greift dann das eine Medium in das andere. Dabei heißt es ja auch immer wieder Spiel und Film seien sich grundlegend „wesensfremd". Nicht zuletzt, weil sie auf ganz anderen psychologischen und dramaturgischen Mechanismen beruhen.

Da bin ich komplett anderer Meinung. Film heißt „suspension of disbelief", also das Prinzip, dass man sich willentlich entscheidet das zu glauben, was man sieht. Der Spieler, wie der Zuschauer muss sich ganz mit dem Hauptcharakter identifizieren. Und das muss funktionieren, bei guten Filmen genau so wie bei einem guten Spiel.

Was kann das Spiel, was der Film nicht kann?

Das Spiel ist ein viel reicheres Medium als der Film. Beim Film hat man eine mehr oder weniger lineare Geschichte, die wird dann runter erzählt. Beim Spiel aber muss man sich als Entwickler viel mehr Gedanken machen, da der Spieler ja mit seinen Entscheidungen die Figuren beeinflusst, dadurch ist auch der Identifikationsgrad viel höher.

Erfordert das Spiel nicht grundsätzlich andere, ich nenne das mal „Aufmerksamkeiten"?

Nicht zu leugnen ist, dass wir mit den sogenannten taktischen Shootern, also so Spielen wie „Counter -Strike", auf eine bestimmte Art und Weise in der Wahrnehmung  beeinflusst werden. Wenn man da zum Beispiel als Task-Force Terroristen bekämpft, dann schleicht man durch ein Gebäude auf der Suche nach Feinden und muss diese dann niederstrecken. Die US- Army hat übrigens erkannt, dass solche Spiele Menschen im taktischen Denken schulen. Das muss man natürlich im Hinterkopf behalten...

Was heißt hier im Hinterkopf behalten?

Terroristen werden Computerspiele nutzen, um sich zu schulen - aber da kommen wir jetzt vom Thema ab...

Ja und nein. Denn ein grundsätzlich wichtiges Moment bei den Computerspielen ist doch diese „Ego Shooter" Perspektive, also immer wie durch den Sucher eines Maschinen-Gewehres zu sehen, die Welt als grundsätzlich feindlich wahrzunehmen und ständig bereit zu sein zu feuern.

Um die Immersion vollständig zu machen, den Spieler ins Spiel reinzunehmen, ja.

Da ist doch schon eine grundsätzlich andere Kamera- und Blickführung als im Film?

Die Kamera wird im Interaktiven eher von Designern und von Programmierern gemacht als von klassischen Kameraleuten. Alles muss ja programmiert werden, dass es in jeder Situation passt, da müssen alle Parameter stimmen. Aber wie im Film muss man sich natürlich entscheiden, was dem Zuschauer bzw. Spieler gezeigt wird, wie groß der Blickwinkel ist, wie viel Bewegungsfreiheit da sein soll. Man muss den Spieler ja laufend motivieren, das ist beim Film grundsätzlich anders.

Film hat über 100 Jahre auf dem Buckel, wir haben gelernt mit diesem Medium umzugehen, wir sind geschult oder wenn man so will diszipliniert worden, aber auch hier ändert sich ja einiges durch die Computertechnologie.

Ja, wir sind in einer absoluten Übergangsphase.

Wie sehen Sie die Entwicklung, was glauben Sie, wird sich in den nächsten Jahren abzeichnen?

Die Spiele werden sicher immer schöner aussehen, die Interaktionen, die Gegner werden intelligenter. Aber vor allem 3D bringt etwas ganz Neues. Mit einer 3D Kamera kann man sehr gut erkennen, was man so mit seinem Körper macht, so dass am Ende der Körper selbst zum Eingabegerät wird. Das Plateau der Technologie ist noch nicht erreicht. Andererseits wird die Zukunft sicher eher durch das bestimmt, was wir uns ausdenken, als durch das, was technisch möglich ist.